Freitag, 11. Januar 2013

It Works Podcast trifft... Markus Lindner


Wer in Berlin auf der Suche nach einer großen Auswahl an Schallplatten ist, kommt am „OYE Record Store“ nicht vorbei. Allein die rote Fassade macht auf sich aufmerksam und lädt ein, dort, die ein oder andere Stunde zu verbringen.  Verteilt auf drei Räume kann man hier stöbern, kaufen und stets die gute Beratung der Verkäufer in Anspruch nehmen. Außerdem laden die Besitzer regelmäßig zu Instore Gigs ein. Wie das alles entstanden ist und wie man hier die Entwicklung von Vinyl wahrgenommen hat, wird uns im Folgenden von Markus Lindner erzählt.

Für unsere Leser: Wie lange gibt es euch schon?

Offiziell wurde OYE 2001 von Lovis Willenberg gegründet und 2007 sind Tinko & ich als Partner mit eingestiegen.

Wie kam die Gründung des Plattenladens zustande?

Als Tinko und ich angefangen haben bei OYE zu arbeiten, haben wir uns schnell als Teil des Ladens gefühlt und dann war es irgendwann eine logische Konsequenz, dass wir als Partner mit an Bord kamen. Lovis hat sich später immer mehr auf andere Aktivitäten konzentriert und sich aus dem Laden weitgehend zurückgezogen. 
So ist OYE entstanden, wie es heute ist. Ansonsten ist die Idee einen Plattenladen zu gründen das dümmste was man machen kann ;-)

Von vielen Djs und Produzenten hört man wie wichtig ihr lokaler Plattenladen war und das sie ohne diesen nicht dort wären wo sie jetzt sind. Man lernt andere Djs/Produzenten kennen und kommt leicht ins Gespräch. Findet das mittlerweile noch in Plattenläden statt oder eher auf bestimmten Internetportalen?

Beides. Früher war der Plattenladen das Epizentrum der Musikerfahrung und Musikbeschaffung. Das ist mittlerweile nicht mehr so. Der Plattenladen bleibt aber wichtiger Bestandteil der Musikkultur. Bei uns treffen sich Djs, Sammler und Musikinteressierte, die die Faszination am Vinyl einfach niemals verlieren. Das macht so einen Plattenladen zu einem spannenden Ort.
Die meisten gehen einfach gerne in einen Plattenladen und hören sich stundenlang Musik an. Selbst Djs, die schon lange digital auflegen, kommen immer noch regelmäßig in den Plattenladen, weil das Gefühl eine Vinylplatte auf den Turntable zu legen und den Sound zu genießen, einfach unersetzbar ist.
Der Kontakt zum Kudnen ist extrem wichtig. Außerdem ist es wirklich schön zu sehen, wie sich die Kunden untereinander austauschen und wie Platten besprochen werden. Das ist viel intensiver als nur ein „like“ auf FB.
Nach wie vor treffen sich bei uns viele Produzenten,  DJs und Labelmanager, einerseits um uns mit Platten zu versorgen, aber auch um untereinander neue Projekte zu besprechen.
 Z.B. hat Jazzonva nach Vorschlägen für Remixer gefragt und ich habe sie dann mit Mike Huckaby zusammengebracht, der, wenn er in Europa ist, immer viel Zeit bei uns verbringt. Das Resultat war die Jazzanova 10“ mit zwei Mike Huckaby Remixes. Gibt’s natürlich auch bei uns ;-)

Wie viele andere auch, habt Ihr einen Online Shop. Seit wann gibt es diesen und kommen dadurch weniger Kunden in den Laden weil es bequemer ist zu bestellen?

Nein, ganz im Gegenteil. Unseren Webshop gibt es jetzt seit Nov 2011 -  also noch nicht so lange. Das gute an diesem Shop ist, dass er ein Tool für Kunden ist, die uns und den Laden in Berlin kennen. Ein Onlineshop wurde deshalb auch mehrfach angefragt, weil unsere Kunden weltweit verteilt sind. Andererseits haben wir viele neue Kunden erreicht, die noch nie bei uns waren, aber aufgrund des Online Angebotes den Weg zu uns in den Laden gefunden haben und auch immer wieder gerne kommen.
Für unsere Berliner Kunden ist es auch eine Möglichkeit zu Hause vorzubestellen oder zu reservieren und die Platten dann im Laden abzuholen. Das gibt’s halt auch, dass Kunden aus, zum Beispiel Russland, wissen, sie sind nächsten Monat in Berlin, und die haben dann die Möglichkeit die Platten vorzubestellen oder zu reservieren und dann in den Laden zu kommen. Wenn der uns besucht, werden das mit Sicherheit auch mehr, als nur die reservierten Platten.

Die Musikindustrie hatte mit der Schallplatte ja eigentlich schon abgeschlossen.
Ihr, als Plattenladen, steht ja total hinter der Devise "Vinyl Only". Da kommt es Euch zu Gute, dass in den letzten Jahren der Trend zum Vinyl wiedergekehrt ist.
Wie seht Ihr das und macht es sich im Laden bemerkbar? Seht Ihr den „OYE Record Store“ mehr als Hobby, aus Liebe zur Sache oder rentiert sich ein Plattenladen in der heutigen Zeit noch?

Vinyl war für uns nie weg. Das war nur eine Außenwahrnehmung der Medien und aktuell ist dieses Thema wieder interessant. Was für uns grundsätzlich gut ist, da wir mehr Musikinteressierte erreichen. Da es aber sehr viel gute Musik nur auf Vinyl gibt, entsteht ein exklusiver Touch, der dem ganzen Vinyl Ding anhaftet. Nicht jeder hat die Platte und man muss sich etwas bemühen, um an dieses Ding ranzukommen.. Da sind wir  immer noch Jäger & Sammler. Das Gefühl eine Platte zu ergattern, die sehr selten ist und auf die man schon lange gewartet hat; das ist unbezahlbar.
Ansonsten ist Vinyl einfach sexy und war schon immer ein Luxusgut. Vor allem seitdem so viele mit Laptop auflegen, den ja auch jeder zuhause stehen hat, ist Vinyl immer noch was Besonderes und das Feeling beim Spielen ist einfach anders. Es ist ein großer Unterschied, wie ich mir die Musik beschaffe. Umsonst und, oder -immer verfügbar zu jeder Zeit- ist etwas anderes, als wenn ich mir Zeit nehme, um mich mit der Musik zu beschäftigen. Gefällt mir die Platte so gut, dass ich bereit bin einen bestimmten Betrag auszugeben? Die Qualitätsfilter sind bei Vinyl viel höher als bei digitalen Releases. Die Verwertungsketten bei physischen Tonträgern fungieren nun mal auch als Filter: Vom Produzenten, der das Label überzeugen muss, das das finanzielle Risiko eingehen muss. Der Vertrieb will auch nur das Beste vom Besten und dann komm ich auch noch und filtere aus den ca 300 – 500 Neuheiten der Woche aus, wo ich denke, dass das für uns und unsere Kunden interessant ist.
Mit einem Plattenladen wird man sicherlich nicht reich, aber die Liebe zur Sache macht das Hobby aus, und wenn man das zum Beruf machen kann, ist das großartig, und dadurch läuft der Laden, denke ich, auch.

Was denkt Ihr wird mit der Schallplatte in den nächsten zehn Jahren passieren? Ist ein weiterer Anstieg der Verkäufe zu erwarten oder war das nur ein kurzer Trend?

Wie schon angemerkt: Vinyl ist ein Luxusgut und Menschen werden immer bereit sein dafür Geld auszugeben. Niemand braucht einen Porsche als Auto, aber er sieht extrem gut aus, hat einen unglaublichen Sound und ist in 20 Jahren ein Klassiker -  wie Vinyl. Das Vinyl hat bereits Kassetten und Minidiscs überlebt. Die digitalen Formate, wie zum Beispiel Streams, werden ganz sicher eher die CD ablösen, als das Vinyl. Diese wird neben den anderen Formaten immer bestehen bleiben.

Die Zahl an Plattenläden in Berlin ist wohl so hoch wie selten woanders.
Da sollte man durch gute Auswahl und vielleicht einem Hauch Besonderem auf sich aufmerksam machen. Ihr veranstaltet regelmäßig Instore Gigs. Erzähl doch mal was es damit auf sich hat.

Angefangen hat das ganze vor ca. 2 Jahren. Wir hatten eine monatliche Veranstaltung im Klub der Republik. Das war auch alles wunderbar, denn der Laden hatte immer viel Stamm- & Laufpublikum. Aber als Plattenladen bist du einfach kein Promoter und deine Zielgruppe sind nun mal zu 80 % männliche Musiknerds. Was soll das für eine Party werden?
Uns kam dann die Idee, dass man seine Zielgruppe dahin bringen muss, wo wir sie brauchen: in den Plattenladen und nicht an den Tresen eines Clubs.
Also haben wir ein paar befreundetet Djs gefragt, ob die nicht im Laden auflegen wollen,  meistens in Verbindung mit einer Veranstaltung oder eines Releases.
Somit hatten wir z.B. Soul Clap / Wolf+Lamb, Brandt Brauer Frick, Objekt & Call Super, Wilde Renate Crew, Session Victim, Klasse Recordings, Snuff Crew Live, Drifter, Micatone Live, Beppe Loda, Fabrizio Mammarella, Franz Underwear, Christopher Rau, Optimo, Untz Untz mit Pastor und Tarjey Nygard, The Rimshooters, Keyboard Masher, BabyG, Jamie326  etc... als Gäste.

Das schöne daran ist, dass es eben nicht im Club Kontext stattfindet und die Djs auch anders spielen können. Soulclap haben sich zum Beispiel Platten aus dem Laden ausgesucht, die sie dann aufgelegt haben. Das ist ja für jeden DJ ein Traum, ein Plattenregal zu haben, so groß wie ein Plattenladen. Außerdem bringen wir so auch mal ein anderes Publikum in den Laden. Während ihres Sets vor ca. 100 Leuten meinte Eli (Soulclap): „Ey Markus, ich hab noch nie so viel Mädels in einem Plattenladen gesehen.“ Letztendlich ist es ein nettes Get-together mit den Djs, deren Freunden, Fans und unseren Kunden. Diese Stimmung überträgt sich auch auf die allgemeine Antmosphäre im Laden.

Die größte Veranstaltung, die wir vom Laden aus organisiert hatten, war zur Fête de la Musique im Jahr 2010.
Wir hatten mit etwa 200 Leuten gerechnet, eine Bühne vor der Tür aufgebaut und folgendes Lineup zusammengestellt:
Modeselektor, Jesse Rose, Jazzanova, Hanna Holland, Siriusmo, Jan Driver, Oliver $ & Gene Siewing, Eva Be und Tinko -  na gut: es waren dann doch etwa 3-4 tsd Menschen da und die Polizei musste die ganze Strasse sperren. Ein legendärer Abend  -  es gibt auch ein paar Videos auf Youtube zu sehen . . . Leider können wir auf Grund von einzelnen Beschwerden diese Veranstaltung nicht wiederholen.

Eine letzte Frage zum Abschluss:
Wieso sollte jemand, der auf der Suche nach Platten ist, unbedingt bei Euch reinschauen?

Wir haben immer einige exklusive Platten da, die es nur bei uns gibt.
Das Feedback von Kunden ist, dass wir einen sehr guten Backstock haben und viele Platten noch zu finden sind, die fast überall ausverkauft sind. Es lohnt sich auch mehr als einmal die Woche vorbeizukommen, da wir fast täglich Neuware bekommen. Außerdem können wir persönliche Empfehlungen machen, die nicht so langweilig sind wie in einem generierten Onlineshop und somit die Leute immer wieder mit neuen oder unentdeckten Plattten überraschen. Wenn jemand eine Platte sucht, haben wir sie entweder da oder wir besorgen sie.
Letztendlich gibt’s Kaffee für alle, gute Laune & gute Musik!


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