Wer in Berlin auf der
Suche nach einer großen Auswahl an Schallplatten ist, kommt am „OYE Record Store“ nicht vorbei. Allein die rote Fassade macht auf sich aufmerksam und lädt
ein, dort, die ein oder andere Stunde zu verbringen. Verteilt auf drei Räume kann man hier
stöbern, kaufen und stets die gute Beratung der Verkäufer in Anspruch nehmen.
Außerdem laden die Besitzer regelmäßig zu Instore Gigs ein. Wie das alles
entstanden ist und wie man hier die Entwicklung von Vinyl wahrgenommen hat,
wird uns im Folgenden von Markus Lindner erzählt.
Für unsere Leser: Wie
lange gibt es euch schon?
Offiziell wurde OYE 2001 von Lovis Willenberg
gegründet und 2007 sind Tinko & ich als Partner mit eingestiegen.
Wie kam die Gründung des
Plattenladens zustande?
Als Tinko und ich angefangen haben bei OYE zu
arbeiten, haben wir uns schnell als Teil des Ladens gefühlt und dann war es
irgendwann eine logische Konsequenz, dass wir als Partner mit an Bord kamen.
Lovis hat sich später immer mehr auf andere Aktivitäten konzentriert und sich
aus dem Laden weitgehend zurückgezogen.
So ist OYE entstanden, wie es heute ist. Ansonsten ist die Idee einen Plattenladen zu gründen das dümmste was man machen kann ;-)
So ist OYE entstanden, wie es heute ist. Ansonsten ist die Idee einen Plattenladen zu gründen das dümmste was man machen kann ;-)
Von vielen Djs und
Produzenten hört man wie wichtig ihr lokaler Plattenladen war und das sie ohne
diesen nicht dort wären wo sie jetzt sind. Man lernt andere Djs/Produzenten
kennen und kommt leicht ins Gespräch. Findet das mittlerweile noch in
Plattenläden statt oder eher auf bestimmten Internetportalen?
Beides. Früher war der Plattenladen das Epizentrum
der Musikerfahrung und Musikbeschaffung. Das ist mittlerweile nicht mehr so.
Der Plattenladen bleibt aber wichtiger Bestandteil der Musikkultur. Bei uns
treffen sich Djs, Sammler und Musikinteressierte, die die Faszination am Vinyl
einfach niemals verlieren. Das macht so einen Plattenladen zu einem spannenden
Ort.
Die meisten gehen einfach gerne in einen Plattenladen
und hören sich stundenlang Musik an. Selbst Djs, die schon lange digital
auflegen, kommen immer noch regelmäßig in den Plattenladen, weil das Gefühl
eine Vinylplatte auf den Turntable zu legen und den Sound zu genießen, einfach
unersetzbar ist.
Der Kontakt zum Kudnen ist extrem wichtig. Außerdem
ist es wirklich schön zu sehen, wie sich die Kunden untereinander austauschen
und wie Platten besprochen werden. Das ist viel intensiver als nur ein „like“
auf FB.
Nach wie vor treffen sich bei uns viele
Produzenten, DJs und Labelmanager,
einerseits um uns mit Platten zu versorgen, aber auch um untereinander neue Projekte zu besprechen.
Z.B. hat
Jazzonva nach Vorschlägen für Remixer gefragt und ich habe sie dann mit Mike
Huckaby zusammengebracht, der, wenn er in Europa ist, immer viel Zeit bei uns
verbringt. Das Resultat war die Jazzanova 10“ mit zwei Mike Huckaby Remixes.
Gibt’s natürlich auch bei uns ;-)
Wie viele andere auch,
habt Ihr einen Online Shop. Seit wann gibt es diesen und kommen dadurch
weniger Kunden in den Laden weil es bequemer ist zu bestellen?
Nein, ganz im Gegenteil. Unseren Webshop gibt es
jetzt seit Nov 2011 - also noch nicht so
lange. Das gute an diesem Shop ist, dass er ein Tool für Kunden ist, die uns
und den Laden in Berlin kennen. Ein Onlineshop wurde deshalb auch mehrfach angefragt,
weil unsere Kunden weltweit verteilt sind. Andererseits haben wir viele neue
Kunden erreicht, die noch nie bei uns waren, aber aufgrund des Online Angebotes
den Weg zu uns in den Laden gefunden haben und auch immer wieder gerne kommen.
Für unsere Berliner Kunden ist es auch eine Möglichkeit
zu Hause vorzubestellen oder zu reservieren und die Platten dann im Laden
abzuholen. Das gibt’s halt auch, dass Kunden aus, zum Beispiel Russland,
wissen, sie sind nächsten Monat in Berlin, und die haben dann die Möglichkeit
die Platten vorzubestellen oder zu reservieren und dann in den Laden zu kommen.
Wenn der uns besucht, werden das mit Sicherheit auch mehr, als nur die
reservierten Platten.
Die Musikindustrie hatte
mit der Schallplatte ja eigentlich schon abgeschlossen.
Ihr, als Plattenladen,
steht ja total hinter der Devise "Vinyl Only". Da kommt es Euch zu
Gute, dass in den letzten Jahren der Trend zum Vinyl wiedergekehrt ist.
Wie seht Ihr das und macht
es sich im Laden bemerkbar? Seht Ihr den „OYE Record Store“ mehr als Hobby, aus
Liebe zur Sache oder rentiert sich ein Plattenladen in der heutigen Zeit noch?
Vinyl war für uns nie weg. Das war nur eine
Außenwahrnehmung der Medien und aktuell ist dieses Thema wieder interessant.
Was für uns grundsätzlich gut ist, da wir mehr Musikinteressierte erreichen. Da
es aber sehr viel gute Musik nur auf Vinyl gibt, entsteht ein exklusiver Touch,
der dem ganzen Vinyl Ding anhaftet. Nicht jeder hat die Platte und man muss
sich etwas bemühen, um an dieses Ding ranzukommen.. Da sind wir immer noch Jäger & Sammler. Das Gefühl
eine Platte zu ergattern, die sehr selten ist und auf die man schon lange
gewartet hat; das ist unbezahlbar.
Ansonsten ist Vinyl einfach sexy und war schon immer
ein Luxusgut. Vor allem seitdem so viele mit Laptop auflegen, den ja auch jeder
zuhause stehen hat, ist Vinyl immer noch was Besonderes und das Feeling beim
Spielen ist einfach anders. Es ist ein großer Unterschied, wie ich mir die
Musik beschaffe. Umsonst und, oder -immer verfügbar zu jeder Zeit- ist etwas
anderes, als wenn ich mir Zeit nehme, um mich mit der Musik zu beschäftigen.
Gefällt mir die Platte so gut, dass ich bereit bin einen bestimmten Betrag
auszugeben? Die Qualitätsfilter sind bei Vinyl viel höher als bei digitalen
Releases. Die Verwertungsketten bei physischen Tonträgern fungieren nun mal
auch als Filter: Vom Produzenten, der das Label überzeugen muss, das das
finanzielle Risiko eingehen muss. Der Vertrieb will auch nur das Beste vom
Besten und dann komm ich auch noch und filtere aus den ca 300 – 500 Neuheiten der
Woche aus, wo ich denke, dass das für uns und unsere Kunden interessant ist.
Mit einem Plattenladen wird man sicherlich nicht
reich, aber die Liebe zur Sache macht das Hobby aus, und wenn man das zum Beruf
machen kann, ist das großartig, und dadurch läuft der Laden, denke ich, auch.
Was denkt Ihr wird mit der
Schallplatte in den nächsten zehn Jahren passieren? Ist ein weiterer Anstieg
der Verkäufe zu erwarten oder war das nur ein kurzer Trend?
Wie schon angemerkt: Vinyl ist ein Luxusgut und Menschen
werden immer bereit sein dafür Geld auszugeben. Niemand braucht einen Porsche
als Auto, aber er sieht extrem gut aus, hat einen unglaublichen Sound und ist
in 20 Jahren ein Klassiker - wie Vinyl.
Das Vinyl hat bereits Kassetten und Minidiscs überlebt. Die digitalen Formate,
wie zum Beispiel Streams, werden ganz sicher eher die CD ablösen, als das
Vinyl. Diese wird neben den anderen Formaten immer bestehen bleiben.
Die Zahl an Plattenläden
in Berlin ist wohl so hoch wie selten woanders.
Da sollte man durch gute
Auswahl und vielleicht einem Hauch Besonderem auf sich aufmerksam machen. Ihr
veranstaltet regelmäßig Instore Gigs. Erzähl doch mal was es damit auf sich
hat.
Angefangen hat das ganze vor ca. 2 Jahren. Wir hatten
eine monatliche Veranstaltung im Klub der Republik. Das war auch alles
wunderbar, denn der Laden hatte immer viel Stamm- & Laufpublikum. Aber als
Plattenladen bist du einfach kein Promoter und deine Zielgruppe sind nun mal zu
80 % männliche Musiknerds. Was soll das für eine Party werden?
Uns kam dann die Idee, dass man seine Zielgruppe
dahin bringen muss, wo wir sie brauchen: in den Plattenladen und nicht an den
Tresen eines Clubs.
Also haben wir ein paar befreundetet Djs gefragt, ob
die nicht im Laden auflegen wollen,
meistens in Verbindung mit einer Veranstaltung oder eines Releases.
Somit hatten wir z.B. Soul Clap / Wolf+Lamb, Brandt
Brauer Frick, Objekt & Call Super, Wilde Renate Crew, Session Victim,
Klasse Recordings, Snuff Crew Live, Drifter, Micatone Live, Beppe Loda, Fabrizio
Mammarella, Franz Underwear, Christopher Rau, Optimo, Untz Untz mit Pastor und
Tarjey Nygard, The Rimshooters, Keyboard Masher, BabyG, Jamie326 etc... als Gäste.
Das schöne daran ist, dass es eben nicht im Club
Kontext stattfindet und die Djs auch anders spielen können. Soulclap haben sich
zum Beispiel Platten aus dem Laden ausgesucht, die sie dann aufgelegt haben.
Das ist ja für jeden DJ ein Traum, ein Plattenregal zu haben, so groß wie ein
Plattenladen. Außerdem bringen wir so auch mal ein anderes Publikum in den
Laden. Während ihres Sets vor ca. 100 Leuten meinte Eli (Soulclap): „Ey Markus,
ich hab noch nie so viel Mädels in einem Plattenladen gesehen.“ Letztendlich
ist es ein nettes Get-together mit den Djs, deren Freunden, Fans und unseren
Kunden. Diese Stimmung überträgt sich auch auf die allgemeine Antmosphäre im
Laden.
Die größte Veranstaltung, die wir vom Laden aus
organisiert hatten, war zur Fête de la Musique im Jahr 2010.
Wir hatten mit etwa 200 Leuten gerechnet, eine Bühne
vor der Tür aufgebaut und folgendes Lineup zusammengestellt:
Modeselektor, Jesse Rose, Jazzanova, Hanna Holland,
Siriusmo, Jan Driver, Oliver $ & Gene Siewing, Eva Be und Tinko - na gut: es waren dann doch etwa 3-4 tsd
Menschen da und die Polizei musste die ganze Strasse sperren. Ein legendärer
Abend -
es gibt auch ein paar Videos auf Youtube zu sehen . . . Leider können
wir auf Grund von einzelnen Beschwerden diese Veranstaltung nicht wiederholen.
Eine letzte Frage zum
Abschluss:
Wieso sollte jemand, der auf
der Suche nach Platten ist, unbedingt bei Euch reinschauen?
Wir haben immer einige exklusive Platten da, die es
nur bei uns gibt.
Das Feedback von Kunden ist, dass wir einen sehr
guten Backstock haben und viele Platten noch zu finden sind, die fast überall
ausverkauft sind. Es lohnt sich auch mehr als einmal die Woche vorbeizukommen,
da wir fast täglich Neuware bekommen. Außerdem können wir persönliche
Empfehlungen machen, die nicht so langweilig sind wie in einem generierten
Onlineshop und somit die Leute immer wieder mit neuen oder unentdeckten
Plattten überraschen. Wenn jemand eine Platte sucht, haben wir sie entweder da
oder wir besorgen sie.
Letztendlich gibt’s Kaffee für alle, gute Laune &
gute Musik!
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